Die menschenrechtliche Situation in Katar

Katar – wir hören von diesem Land derzeit so oft in den Medien wie von fast keinem anderen. Aber was ist an diesem Staat eigentlich so diskussionsbedürftig?

Prinzipiell ist Katar ein Wüstenstaat in Vorderasien, der im Süden an Saudi-Arabien grenzt. Die Halbinsel hat eine Fläche von nur 11.610 Quadratkilometern und damit sechsmal weniger als Bayern. Es leben dort leben etwa 2,7 Millionen Einwohner, von denen jedoch achtzig bis neunzig Prozent Arbeitsmigranten ohne eine katarische Staatsbürgerschaft sind. Für die wenigen Staatsangehörigen lässt es sich in diesem Land gut leben: Der Lebensstandard ist sehr hoch, was etwa der relativ guten medizinischen Versorgung, dem Durchschnittseinkommen von 70.000 Dollar pro Jahr, niedrigen bis gar keinen Steuern und der modernen Ausstattung der Städte, vor allem der Hauptstadt Doha, zu verdanken ist.

Dies allein bringt Katar aber noch lange nicht in die Schlagzeilen deutscher Medien. Vielmehr regt die Weltmeisterschaft 2022 in diesem Land viele Diskussionen und Debatten an, da die menschenrechtliche Situation dort zu Recht stark kritisiert wird. Warum ist Katar dann überhaupt Austragungsort der diesjährigen WM geworden? Als Land ohne eine wirklich ausgeprägte Fußballkultur und einem selbst im Winter heißen Klima wurde es 2010 anstelle der ebenfalls nominierten USA für diese Sport-Großveranstaltung gewählt. Die New Yorker Staatsanwaltschaft meint, die WM sei wegen Bestechungen an Katar gegangen und hat so in Folge von Ermittlungen einen noch nicht sicher geprüften, aber dennoch sehr stichhaltigen und überzeugenden Bericht darüber verfasst. Für Fußball-Weltmeisterschaften ist dies aber nichts Neues, da auch schon Veranstaltungen in Russland, Südafrika, Brasilien und – wie kürzlich herausgefunden wurde – auch Deutschland 2006 erkauft worden waren. Allerdings war zur Zeit der Auswahl Katars noch fast keine Infrastruktur für die WM vorhanden, weshalb das Streckennetz für die Bahn und acht Stadien erst noch erbaut werden mussten.

Auch wirtschaftlich und politisch gesehen ist das Land, vor allem aus deutscher Sicht, sehr interessant: Mit einem riesigen Erdgasvorkommen stellt der Emir Scheich Tamim bin Hamad al Thani, so nennt man den absolutistischen Herrscher in Katar, das Staatsoberhaupt eines sehr mächtigen und einflussreichen internationalen Handelspartners dar. So ist Katar u. a. ein wichtiger Investor für Volkswagen, Deutsche Bank, Siemens und Hapag-Iloyd, wie die Internetseite des Auswärtigen Amtes erklärt.

Leider wird Katar aber vor allem aufgrund der miserablen menschenrechtlichen Situation dort beständig kritisiert. Ein Beispiel gefällig? Um das Volk möglichst niedrig zu halten und der Demokratie keine Entfaltungsmöglichkeiten zu geben, gelten wichtige Rechte wie Meinungs-, Presse- oder Versammlungsfreiheit eingeschränkt oder gar nicht, weshalb die bekannte Organisation „Reporter ohne Grenzen“ das Emirat bezüglich der Pressefreiheit aktuell auf Rang 119 von gesamten 180 platziert. Weil das islamische Recht der Scharia außerdem über den grundlegenden Bürgerrechten steht, werden zudem Frauen stark benachteiligt: Sie haben weder die Erlaubnis, sich so zu kleiden, wie sie es wünschen, noch können sie das Haus ohne die Zustimmung eines Mannes verlassen oder selbstständig Handel treiben. Zudem droht einer Frau dort, wenn sie eine Vergewaltigung anzeigt, die Verurteilung wegen außerehelichen Geschlechtsverkehrs. Mitglieder der LGBTIQ+ Community haben es ebenfalls schwer, da beispielsweise Homosexuelle für ihre „Taten“ bis zu fünf Jahre im Gefängnis verbringen können.

Ebenso wenig freut man sich als Leser mit westlichen Werten über die mangelhafte Umsetzung der Kinderrechte in Katar. Zwar sind wichtige Grundrechte, wie das Verbot von rassistischer Diskriminierung in der Verfassung verankert, aber die Benachteiligung von Arbeiterkindern gehört hier trotzdem zum Alltag, etwa im Bereich Gesundheitsfürsorge und Bildung. Auch an der Gleichstellung zwischen Mädchen und Buben mangelt es noch an einigen Stellen: Während 98 Prozent aller Kinder eine Primärschule besuchen, werden in Sekundarschulen viel mehr männliche als weibliche Auszubildende unterrichtet, das Mindestheiratsalter liegt bei Mädchen mit 16 Jahren zwei Jahre unter dem der Jungen und weibliche Genitalverstümmelung wird in Katar nach wie vor praktiziert. Positiv ist allerdings hervorzuheben, dass sich das Königreich auch für Verbesserungen in Sachen Kinderrechten einsetzt, da zum Beispiel die Lebensbedingungen für behinderte Kinder derzeit zum Guten verändert werden. Diese Daten können auch auf der Website der Organisation „Humanium“ nachgeschlagen werden.

Ein letzter Punkt über Katar soll noch genannt werden: die Finanzierung von Terror. So hat der Emir in seinem Land u. a. wichtige und einflussreiche Taliban in luxuriösen Gebäuden beherbergt und unterstützt. Katar ist überdies der wichtigste diplomatische Standort der Taliban und pflegt auch Verbindungen zu anderen terroristischen Organisationen, weshalb seine westlichen Nachbarländer 2017-2021 in der sog. Katar-Krise die diplomatischen Beziehungen aufgegeben und den Staat boykottiert haben.

Der diesjährige WM-Austragungsort ist also durchaus interessant. Für den einen ein höchst spannendes Event, für den anderen die Chance, Fußballfans durch ihr Halbwissen aufzuregen, auf jeden Fall aber eines: eine gute Grundlage für hitzige Diskussionen.

Veronika W., 9a