„Die Botschaft Jesu ist befreiend, sinnvoll, erlösend und bringt große Dankbarkeit und Freude“- Religionsinterview mit Herrn Pfarrer Roeb

Herr Pfarrer, warum sind Sie Priester geworden?

Es ist nicht ein Ereignis, das dafür ausschlaggebend war, wie es vielleicht bei anderen Menschen der Fall ist. Die Selbstverständlichkeit des Glaubens wurde mir bereits vom Elternhaus vermittelt, in Folge dessen ein regelmäßiger Kirchgang und Tischgebete die Regel waren. In diesem Umfeld, diesem Klima, das dem Glauben positiv gegenübersteht, bin ich also groß geworden. Letztendlich trieb mich aber auch vor allem die Liebe zu Gott und den Menschen an. Das eine gehört zum anderen dazu und es ist nicht voneinander loszulösen. Wenn ich nämlich nur die Menschen lieben würde, wäre ich Sozialarbeiter geworden, andersherum, wenn ich meinen Fokus nur auf Gott gelegt hätte, Mönch. So steht es auch im Evangelium: Jesus geht hin zu den Menschen, Er geht auf ihre Sorgen und Nöte ein. Diese Botschaft Jesu fasziniert mich sehr, denn sie ist befreiend, sinnvoll, erlösend und hat sehr viel mit dem eigenen Leben zu tun. Wenn man dies begriffen hat, erfasst einen eine große Dankbarkeit und Freude. Der Glaube ist zwar manchmal eine Zumutung, eine Herausforderung, aber im Großen und Ganzen etwas Befreiendes und Wunderschönes. Man ist so beispielsweise erlöst und befreit von der Angst, wissend, in Gottes Liebe geborgen zu sein, was sich auch enorm positiv und befreiend auf das eigene Leben auswirkt. Das Christentum ist nämlich keine Ge- und Verbotsreligion, sondern befreit von Angst wie auch von übermäßigem Leistungszwang, da vor Gott solches nicht zählt. Deshalb, weil ich mich vor Ihm nicht beweisen muss, bin ich befreit von dem Zwang, immer mehr machen und haben zu müssen, denn davon werde ich nicht glücklich. Außerdem bin ich befreit von der Angst, dass am Ende alles sinnlos ist, denn Gott beruft zu einem Leben nach dem Tod, wodurch das Leben einen Sinn hat, der ewig ist. Das erlöst auch von dem ständigen Egoismus und übermäßigen Individualismus. Ich kann und darf mich für andere öffnen. Und kreise nicht ständig nur um mich selbst. Unser Glaube ist nicht einfach eine überirdische Sache, sondern ist zutiefst praktisch und hat mit dem konkreten Leben aller Menschen zu tun. Zusammenfassend sage ich also, dass ich mich getragen fühle von der Liebe Gottes, denn in Ihm bin ich keine Nummer, keine Laune des Schicksals, sondern ich bin gewollt, angenommen und geliebt. Und natürlich nicht nur ich, sondern die gesamte Menschheit! Und das will ich den Menschen weitergeben.

Haben Sie eine Beziehung zu Jesus?

Auf jeden Fall, ohne die geht nämlich gar nichts. Unser Glaube ist in erster Linie die Beziehung zu Gott, durch Jesus Christus, durch den Gott ein menschliches Gesicht bekommen hat, so dass wir von ihm wissen können. Und durch das Leben dieser Beziehung bekommen Glaubensinhalte und Werte erst ihre eigentliche Bedeutung und können so in ihrer Tiefe erst richtig verstanden werden.

Was ist Ihrer Meinung nach der Sinn des Lebens?

Ich glaube, dass jeder Mensch eine persönliche Berufung hat. Diese Berufung besteht in der Suche nach Wahrheit und Glück, also nach dem, was den Menschen absolut trägt, absolut befriedigt, absolut glücklich macht und befreit. Edith Stein hat einmal gesagt: „Wer die Wahrheit sucht, der sucht Gott, ob es ihm klar ist oder nicht“.

Erst dann ist das Leben eines Menschen glücklich und mit Sinn erfüllt, wenn der Mensch seine je eigene Berufung entdeckt und sie im Leben umsetzt.

Wie stehen Sie zur Bibel?

Ohne die Bibel kann man nicht glauben: Sie ist das Buch der Bücher, weil wir davon erfahren, woran wir glauben. Sie ist eine Geschichte mit Erzählungen, die mit dem Leben zu tun haben, mit allen Gefühlen, Befindlichkeiten etc.

Haben Sie sich als Kind auch schon für Religion interessiert?

Ja, sehr, weniger für Mathe, aber dafür umso mehr für Religion. (*schmunzelt*)

Welche Religion finden Sie neben dem Christentum interessant?

Das Judentum, da das Christentum darauf aufbaut und man ohne die jüdische Religion und ohne Kenntnisse des Alten Testaments Jesus Christus und das, was Er gesagt hat, nicht richtig verstehen könnte, denn Er war selbst Jude.

Glauben Sie, dass der Gott der Juden, der Christen und der Muslime der gleiche ist?

Ich denke, dass wir alle an den gleichen Gott glauben, weil es nur einen gibt. Außerdem haben alle diese drei Religionen Abraham zum gemeinsamen Stammvater.

Wir glauben alle an den gleichen Gott. Aber wir glauben nicht alle gleich an Gott. Juden und Christen glauben beispielsweise an den Gott, der mitleiden kann. Das ist eine Eigenart des christlichen Glaubens, der Gott im leidenden Gekreuzigten sieht. Für mich persönlich ist das sehr bedeutsam. Aber auch für manche Juden ist „das Mitleiden Gottes“ ein Weg, den nationalsozialistischen Völkermord, die Schoah, als Glaubende zu ertragen. Für Muslime dagegen steht immer die Allmacht Gottes im Vordergrund, nicht die Ohnmacht. Ein leidender Gott ist undenkbar.

Welche Person aus unserer religiösen Geschichte würden Sie gerne treffen, hätten Sie die Möglichkeit?

Ah, da gäbe es viele… Ich hätte mich gerne mit einem gewissen John Harry Newman getroffen, der vor kurzem erst heiliggesprochen wurde, oder mit einem Philipp Neri, oder aber mit Johannes XXIII., der in der Zeit des Zweiten Vatikanischen Konzils Papst war. Wie gesagt, gäbe es da sehr viele interessante Personen, das sind nur ein paar Beispiele.

Veronika Weiß (9a)